»and I mean / and I am saying« by hn. lyonga, VR Installation at Kottbusser Tor, Berlin, 2022 | in cooperation with art center VIERTE WELT – Temporary Monuments | Interventions at Kottbusser Tor (link)

PLAY POEM [english Version] read by Tejan Lamboi (4:00). Please scroll down for more languages!

»and I mean / and I am saying«
by hn. lyonga

I am saying
there are many ways of dying in a foreign country
with a dream in my mouth

I am saying
somewhere in the world a black girl is beingheld
in a room againstherwill

I am saying
paperwork and powers that be

I am saying
stamps signaturesand envelops

I am saying
duldung

I am saying
white establishments continue to taunt
abuse and traumatize

I am saying
politics of exclusion disguises itself
as formalities

I am saying
hierarchies whitenessand racist structures

I am saying
everyday bodies collapse
under the weight of governments

I am saying
one day I will have to explain to my nieces
how blackpeopledie in germany

I am saying
there are any number of ways
a black person can die while in policecustody

I am saying
in germany a person can go up in flames in a police cell
or die from gunshot wounds at a local jobcenter
or tortured and stretched across a hospital bed

I am saying
wholebodies go missing

I am saying
we are tired of writing our names on banners
and building coalitions to stay alive

I am saying
the writing is on the wall & it is glaring

I am saying
state apparatuses come up with newer ways
of eluding proper investigation in police brutality cases

I am saying
the power to evade justice

I am saying politicians withflyers

I am saying
It has been sixteenyears
and I am not eligible to vote

I am saying
my prayers begin and end
with – I do not want to die face-down
with shoeprints around my neck (& a sigh)

I am saying
sound

I am saying
gunshots&churchbells

I am saying
I am not sure I will return home in time
to bury my grandmother without forfeiting my aufenthaltstitel

I am saying
highbloodpressure and the shock of a rejectionletter
can culminate into something deadly

I am saying
my life is a dichotomy of being
trapped in something that seems secure
& being transfixed by the very protection it promises

I am saying
In our household bureaucracy is subject
It is visceral enough to exist on its own

I am saying
in the many years my body has undergone bureaucratic processes
I have learned

I am saying
when you love something enough
you live with the fear of losing or becoming it

I am saying
I am becoming

I am saying
this story has roots

I am saying
we have names you will commemorate

Die poetische Intervention »and I mean / and I am saying« eröffnet einen virtuellen Erinnerungsraum am Kottbusser Tor, in dem Erfahrungen von Staatsgewalt und Widerstände dagegen sichtbar werden. hn. lyonga’s darin zitiertes Gedicht spricht von den Realitäten Schwarzer Menschen in rassistischen Gesellschaften, die ihnen weder Platz noch Schutz bieten. Seine Intervention stellt die weiße Dominanz in Frage, die weiterhin strukturellen Rassismus und Brutalität aufrechterhält. hn. lyonga’s Worte verleihen der Dringlichkeit Ausdruck, unsere Stimmen zu erheben. Sein Gedicht erscheint im virtuellen Raum am Kottbusser Tor, den man über einen QR Code betreten kann. Dort ist es als Gebet, als Mantra durch viele Stimmen und als Aufruf in einer wachsenden Zahl von Sprachen zu hören. Wer das Gedicht vorlesen möchte oder eine weitere Übersetzung leisten kann, melde sich bitte bei »press [at] BARAZANI.berlin« Danke! Thank you! አመሰግናለሁ! شكرا Shukran! Teşekkür ederim! Merci! متشکرم   Дякую! Dyakuyu! ¡Gracias! Dziękuję Ci! Спасибо! Spasibo! Tenki tenki! תודה

hn. lyonga ist genreübergreifender Autor und Kurator von Worten, Begriffen und Perspektiven. Er ist Mitbegründer der Black Student Union an der Humboldt Universität zu Berlin, wo er ein Masterstudium in Amerikanistik absolviert. lyonga’s wissenschaftliches und persönliches Interesse gilt Sprache in spekulativer Schwarzer Literatur und der Bekämpfung von anti-Schwarzem Rassismus.

PLAY POEM [deutsche Version] gelesen von Tejan Lamboi (4:14). ÜberSetzung von sonja hohenbild und hn. lyonga

»und ich meineundsage«
von hn. lyonga

Ich sage
es gibt viele Möglichkeiten, in einem anderen Land
mit einem Traum im Mund zu sterben

Ich sage
irgendwo auf der Welt wird ein Schwarzes Mädchen gegen ihren Willen
in einem Raum festgehalten

Ich sage
PapierkramArbeit und WirkungsMächte

Ich sage
StempelUnterschriftenUndUmschläge

Ich sage
Duldung

Ich sage
weißeEinrichtungen verhöhnen, missbrauchen und traumatisieren
weiterhin

Ich sage
die Politik der Ausgrenzung tarnt sich
als Formsache

Ich sage
Hierarchien, Weißsein und rassistische Strukturen

Ich sage
jeden Tag kollabieren Körper
unter dem Gewicht der Regierungen

Ich sage
eines Tages werde ich meinen Nichten erklären müssen,
wie SchwarzeMenschensterben in Deutschland

Ich sage
es gibt hier viele Möglichkeiten
wie ein Schwarzer Mensch in der GewaltderPolizei sterben kann

Ich sage
in Deutschland kann ein Mensch in einer Polizeizelle in Flammen aufgehen
oder durch Schusswunden in einem Jobcenter sterben
oder gefoltert – ausgestreckt auf einem Krankenhausbett

Ich sage
die GanzheitderKörper werden vermisst

Ich sage
wir sind es leid, unsere Namen auf Spruchbänder zu schreiben
und Koalitionen zu bilden, um amLebenzubleiben

Ich sage
die Zeichen stehen auf Sturm- grell und überdeutlich

Ich sage
Die Staatsapparate finden immer neue Wege
einer richtigen Untersuchung in Fällen von Polizeibrutalität zu entgehen

Ich sage
die Macht, sich der Justiz zu entziehen

Ich sage
Politiker*mitPapieren (Flyern)

Ich sage
seitSechzehnJahren
und ich bin nicht wahlberechtigt

Ich sage
meine Gebete beginnen und enden
mit – ich will nicht mit dem Gesicht nach unten auf der Straße
und Fußabdrücken um meinen Hals sterben (& einem Seufzer)

Ich sage
Klang

Ich sage
Gewehrschüsse&Kirchenglocken

Ich sage
Ich bin nicht sicher, ob ich rechtzeitig nach Hause komme,
um meine Großmutter zu beerdigen ohne meinen AufenthaltsTitel zu verlieren

Ich sage
Bluthochdruck und der Schock eines Ablehnungsbriefes
können sich zu etwas Tödlichem zuspitzen

Ich sage
mein Leben ist in Zwei geteilt
gefangen zu sein in etwas, das sicher scheint
& von dem Schutz, den es verspricht, gefesselt zu sein

Ich sage
in unserem Haushalt ist Bürokratie ein Thema,
greifbar genug, um für sich selbst zu existieren

Ich sage
in den vielen Jahren, in denen mein Körper bürokratische Prozesse durchlaufen hat,
habe ich gelernt

Ich sage
wenn man etwas genug liebt
lebt man mit der Angst, es zu verlieren oder es zu werden

Ich sage
Ich werde

Ich sage
diese Geschichte hat Wurzeln

Ich sage
wir haben Namen, an die ihr euch erinnern werdet

#BARAZANIberlin @hnlyonga #BBB22 #blackpoetry

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